BGE 129 III 200

Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit der Verwertung eines Grundstücks

im Konkurs; Verteilung des Erlöses (Art. 262 SchKG).

Die Mehrwertsteuer, die bei der Verwertung eines Grundstücks anfällt,

ist aus dem Erlös des betreffenden Grundstücks vorab zu decken (E. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

1. Das Konkursamt Zug erstellte im Konkurs der R. AG am 13. Februar

2002 die Verteilungsliste bezüglich verschiedener in X. gelegener

Grundstücke, an denen der Gemeinschuldnerin ein Miteigentumsanteil von

einem Fünftel zugestanden hatte. Vom Steigerungserlös von Fr. 36'750.-

wies es darin vorab Fr. 1'450.- sich selbst (Ziff. 1; Verwaltungs- und

Verwertungskosten) und Fr. 1'214.- der Eidgenössischen Steuerverwaltung

(Ziff. 2; Mehrwertsteuerforderung gemäss Abrechnung), den verbleibenden

Betrag von Fr. 34'086.- der Bank B. als Grundpfandgläubigerin (Ziff. 3) zu.

Die von der Bank B. gegen Ziffer 2 der Verteilungsliste (Behandlung

der Mehrwertsteuerforderung) erhobene Beschwerde wies das Obergericht

(Justizkommission) des Kantons Zug als Aufsichtsbehörde über

Schuldbetreibung und Konkurs am 17. September 2002 ab.

Dieses Urteil nahm die Bank B. am 19. September 2002 in Empfang. Mit

einer vom 27. September 2002 datierten und am 28. September 2002

zur Post gebrachten Eingabe führt sie (rechtzeitig) Beschwerde an die

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie verlangt,

Ziffer 2 der Verteilungsliste aufzuheben und festzustellen, dass für

die Mehrwertsteuerforderung der Eidgenössischen Steuerverwaltung keine

Rangprivilegierung bestehe und jene in der 3. Klasse zu kollozieren sei.

(...)

Erwägung 2

2.

2.1 Das Obergericht geht davon aus, dass die Verwertung einer

Liegenschaft eine steuerbare Lieferung im Sinne von Art. 5 lit. a in

Verbindung mit den Art. 6 und 8 MWSTG (SR 641.20) darstelle. Die strittige

Mehrwertsteuerforderung sei im Zwangsvollstreckungsverfahren, mit der

Liquidation der Konkursmasse, begründet worden. Als öffentlichrechtliche

Verpflichtung, die ihren Entstehungsgrund in einer Tatsache habe, die

sich erst nach der Eröffnung des Konkurses verwirklicht habe, bilde sie

nach der Rechtsprechung, die in BGE 120 III 153 E. 2b (S. 156) für die

Grundstückgewinnsteuer bestätigt worden sei, eine Masseverbindlichkeit. In

BGE 122 III 246 ff. habe das Bundesgericht festgehalten, dass die

Grundstückgewinnsteuer bei genauerer Betrachtung unter die Kosten der

Verwertung im Sinne von Art. 262 Abs. 2 SchKG falle; sie entstehe erst mit

dem Zuschlag, weshalb sie wie andere Verwertungskosten vom Bruttoerlös

abzuziehen und zu bezahlen sei, bevor der Nettoerlös an die Gläubiger

verteilt werde.

Sodann hält die Vorinstanz dafür, dass aus der Sicht der hier

gestellten Frage die massgeblichen Verhältnisse bei Mehrwertsteuer

und Grundstückgewinnsteuer vergleichbar seien. Steuersubjekt und

Steuerdestinatar, d.h. durch die Steuer definitiv belastete Person,

hier die Konkursmasse, seien in beiden Fällen die gleichen. Unter den

dargelegten Umständen sei nicht einzusehen, weshalb die beiden Steuern im

Konkurs unterschiedlich zu behandeln sein sollten. Auch bei der durch die

Zwangsverwertung einer Liegenschaft anfallenden Mehrwertsteuer handle es

sich mithin um Massekosten, die vorab aus dem betreffenden Gesamterlös

zu bezahlen seien. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gehe

es nicht um eine Rangprivilegierung der Eidgenössischen Steuerverwaltung

gegenüber den Grundpfandgläubigern, für die eine gesetzliche Grundlage

im Zivilgesetzbuch fehlen würde. In der angefochtenen Verteilungsliste

sei die Mehrwertsteuer zwar nicht unter dem Titel "Verwertungskosten"

aufgeführt, sondern als separate Position, doch ändere dies nichts daran,

dass sie wie Betreibungskosten behandelt worden seien.

2.2 Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die in Frage stehende

Mehrwertsteuerforderung zu Recht als Verwertungskosten qualifiziert, die

nach Art. 262 Abs. 2 SchKG aus dem Erlös der betreffenden Grundstücke vorab

gedeckt werden. Was in der Beschwerde eingewendet wird, ist unbehelflich:

2.2.1 Die Ausführungen zur Sicherung und zum Vollzug von

Mehrwertsteuerforderungen stossen von vornherein ins Leere. Die von

der Beschwerdeführerin angerufenen Bestimmungen der Art. 69 ff. MWSTG

beziehen sich auf Forderungen, die auf einem Tatbestand beruhen, der sich

vor einem allfälligen Konkurs verwirklicht hat.

2.2.2 Dass es sich bei der Mehrwertsteuer im Gegensatz zur

Grundstückgewinnsteuer um eine Konsumsteuer handelt, ist auf die

hier massgebenden Kriterien ohne Einfluss. Aus dem gleichen Grund

unbehelflich sind die Vorbringen, die Mehrwertsteuer werde nicht in

einem ordentlichen Verfahren festgelegt und es handle sich bei ihr nicht

um eine kantonale Steuer wie bei der Grundstückgewinnsteuer, sondern um

eine Bundessteuer. Die Beschwerdeführerin zieht ferner in Zweifel, ob die

strittige Mehrwertsteuerforderung tatsächlich durch die Zwangsverwertung

ausgelöst worden sei. Das in diesem Zusammenhang Vorgebrachte betrifft

Fragen des materiellen Steuerrechts, die zu entscheiden einzig die

zuständigen Verwaltungsinstanzen, nicht aber die erkennende Kammer

befugt sind. Was die Beschwerdeführerin schliesslich zum Begriff der

Verwertungskosten ausführt, vermag ein Abweichen von der bisherigen

Rechtsprechung zur Behandlung von Grundstückgewinnsteuer-Forderungen

indessen nicht zu rechtfertigen.