Gesetzesmaterialien zu Art. 31 MWSTG 2010

Parlamentarische Beratungen

Die parlamentarischen Beratungen des MWSTG 2010 aus dem Jahr 2009 finden sich hier: Parlamentarische Beratungen

Gesetzesfahne

Die Gesetzesfahne zeigt die durch das Parlament diskutierten Änderungen des Gesetzestextes verglichen mit dem Botschaftstext.

Botschaft 2008

Unten finden sie den Botschaftstext zu dieser Bestimmung. Die ganze Botschaft finden sie unter diesem Link: Botschaft 2008

BBl 2008, S. 6976 ff.

Dieser Artikel regelt den Zeitpunkt und den Umfang der Vorsteuerkorrektur, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Vorsteuerabzug nachträglich weggefallen sind. Im geltenden Recht ist der Eigenverbrauch ein eigener Steuertatbestand. Neu wird er als reine Vorsteuerkorrekturregel verstanden. Das Gesetz stellt aber nicht mehr darauf ab, ob die steuerpflichtige Person zum Vorsteuerabzug berechtigt war, sondern ob sie ihn tatsächlich vorgenommen hat. Nur in diesem Fall sind die früher geltend gemachten Vorsteuerbeträge zu korrigieren. Allerdings ist künftig im Unterschied zum geltenden Recht auch der Eigenverbrauch von Dienstleistungen, welche von Dritten bezogen wurden, abzurechnen.

Absatz 1 bestimmt, dass beim nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen, welche zum Vorsteuerabzug berechtigten, die Vorsteuern einschliesslich ihrer als Einlageentsteuerung korrigierter Anteile zurückzuerstatten sind, und dass diese Korrektur im Zeitpunkt des Wegfalls vorzunehmen ist. Folglich ist die Korrektur regelmässig in derjenigen Quartalsabrechnung vorzunehmen, die auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Berechtigung folgt. Eine Ausnahme gilt für die Eigenverbrauchsbesteuerung, die gestützt auf Artikel 31 Absatz 2 E-MWSTG anstelle einer Vorsteuerabzugskürzung vorgenommen wird. In diesem Fall ist die Abrechnung erst am Ende der Steuerperiode vorzunehmen, obwohl für den zu korrigierenden Teil nie eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestanden hat.

Absatz 2 hält fest, dass die unentgeltliche Entnahme von Gegenständen und Dienstleistungen aus dem Unternehmen – wie im geltenden Recht – zu einer Abrechnung des Eigenverbrauchs und nicht zu einer Fiktion eines Leistungsverhältnisses führt. Unternehmensfremd ist nicht bloss die Verwendung für private Zwecke, sondern beispielsweise auch für hoheitliche Tätigkeiten des Gemeinwesens. Neu werden in Buchstabe c im Sinne einer Ausnahme explizit die Werbegeschenke erwähnt. Nicht als Eigenverbrauch zu versteuern sind daher Warenmuster sowie Werbegeschenke, welche der Erzielung steuerbarer Umsätze dienen. Aus Gründen der Vereinfachung wird auch bei Werbegeschenken neu auf eine Wertgrenze verzichtet. Bedingung ist aber, dass die Werbegeschenke und Warenmuster ausschliesslich im Rahmen der steuerbaren Tätigkeit verwendet werden. Diese Ausweitung ist sachlich gerechtfertigt, da sie dazu beiträgt, die taxe occulte bei den Unternehmen zu vermeiden. Sie führt aber zu geringfügigen Steuerausfällen. Wie bisher berechtigen andere unentgeltliche Zuwendungen bis 500 Franken pro Person und Jahr unabhängig von ihrem Verwendungszweck zum Vorsteuerabzug.

Die Absätze 3 und 4 regeln die Bemessung der Vorsteuerkorrektur. Ausgangspunkt ist der seinerzeit geltend gemachte Vorsteuerbetrag. Bei der Ingebrauchnahme wird der Vorsteuerabzug nach Massgabe der Nutzungsdauer gekürzt. Absatz 3 nimmt den Regelungsbereich des bisherigen Artikels 34 Absatz 1 Buchstabe b sowie Absatz 2 MWSTG auf. Nach wie vor sind bewegliche Gegenstände und Dienstleistungen pro Jahr um einen Fünftel und unbewegliche Gegenstände um einen Zwanzigstel abzuschreiben. Dienstleistungen kommen bei der Eigenverbrauchsbesteuerung nur in Betracht, wenn sie von Dritten bezogen wurden. Aus Praktikabilitätsgründen wird gemäss Absatz 3 der Zeitwert schematisch ermittelt und nicht auf den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen oder buchhalterischen Wert abgestellt. Bei beweglichen Gegenständen beträgt die kalkulatorische Nutzungsdauer 5 Jahre, bei unbeweglichen 20 Jahre; dies entspricht dem geltenden Recht (Art. 42 Abs. 3 MWSTG). Die starren Abschreibungsvorschriften stellen eine Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sicher und ermöglichen eine einfache und effiziente Handhabung. Sie führen aber unter Umständen dazu, dass ein Unternehmen, welches in seiner Buchhaltung andere Abschreibungssätze anwendet, die Abschreibung speziell für die Belange der MWST separat ermitteln muss, was einen zusätzlichen Aufwand darstellt. Deshalb kann der Bundesrat in begründeten Fällen Abweichungen von den Abschreibungs-vorschriften festlegen.

Absatz 4 regelt die vorübergehende Verwendung; die Bestimmung entspricht dem bisherigen Artikel 34 Absatz 3 MWSTG. Sie wurde sprachlich zur besseren Verständlichkeit überarbeitet. Wird der Eigenverbrauch entsprechend dem Mietpreis für eine unabhängige Drittperson berechnet, so wird dabei in Kauf genommen, dass im Ergebnis nicht lediglich eine Korrektur des Vorsteuerabzugs bewirkt wird, sondern regelmässig auch eine Besteuerung der Wertschöpfung erfolgt.

Der baugewerbliche Eigenverbrauch wird neu nicht mehr besteuert. Der Tatbestand des baugewerblichen Eigenverbrauchs (Art. 9 Abs. 2 MWSTG) ist ein Korrekturmechanismus im Rahmen der heutigen Ausnahmeregelung. Damit wird in diesem Bereich punktuell die Eigenleistung, das heisst die selbst erbrachte Arbeit des Grundeigentümers oder der Grundeigentümerin, erfasst im Hinblick darauf, dass die Ausgangsleistung steuerfrei bleibt. Eigenleistungen werden jedoch auch in andern Bereichen (z.B. in einem Informatikzentrum einer Bank oder Versicherung) bei beweglichen und immateriellen Gütern erbracht und für von der Steuer ausgenommene Zwecke verwendet und dort nicht erfasst. Aus Gründen der Rechtsgleichheit ist es nicht hinzunehmen, dass nur die Baubranche mit dem Herstellungs-Eigenverbrauch belastet wird. Die in der Baubranche zusätzlich entstehenden Wettbewerbsverzerrungen haben ihre Ursache in der an sich ebenfalls systemwidrigen Steuerausnahme für Mieten und sind deshalb hinzunehmen. Die Abschaffung des baugewerblichen Eigenverbrauchs stellt für die steuerpflichtigen Personen und die ESTV eine deutliche Vereinfachung dar und führt für die Konsumenten und Konsumentinnen zu tieferen Preisen und einer reduzierten steuerlichen Belastung. Auch im Gemeinschaftsrecht gibt es keine (äquivalente) Regelung zum baugewerblichen Eigenverbrauch nach schweizerischem Recht. Die Einnahmen des Bundes aus dem baugewerblichen Eigenverbrauch werden auf gut 50 Millionen Franken jährlich geschätzt. Allerdings wird ein Teil davon durch spätere Einlageentsteuerungen wieder rückgängig gemacht. Die Aufhebung wird deshalb zu Mindereinnahmen für den Bund von 30–35 Millionen Franken pro Jahr führen. Allerdings sind dabei die dynamischen Effekte nicht mit berücksichtigt. Da durch die Nichtbesteuerung des baugewerblichen Eigenverbrauchs Anreize geschaffen werden, selbst zu bauen statt die Bauleistungen bei einer Drittperson einzukaufen, ist es möglich, dass beispielsweise Versicherungen, welche Immobilien in ihrem Anlagevermögen haben, künftig Bauleistungen vermehrt selber erbringen werden.