Gesetzesmaterialien zu Art. 23 MWSTG 2010

Parlamentarische Beratungen

Die parlamentarischen Beratungen des MWSTG 2010 aus dem Jahr 2009 finden sich hier: Parlamentarische Beratungen

Gesetzesfahne

Die Gesetzesfahne zeigt die durch das Parlament diskutierten Änderungen des Gesetzestextes verglichen mit dem Botschaftstext.

Botschaft 2008

Unten finden sie den Botschaftstext zu dieser Bestimmung. Die ganze Botschaft finden sie unter diesem Link: Botschaft 2008

BBl 2008, S. 6967 ff.

Absatz 1: Befreite Leistungen sind im Unterschied zu den nach Artikel 21 E-MWSTG ausgenommenen Leistungen steuerbar. Auf diesen Leistungen ist jedoch keine MWST geschuldet, da sie mit dem Satz von 0 Prozent besteuert werden.

Absatz 2 Ziffern 1 und 2: Diese Ziffern haben gegenüber heute eine Ausweitung erfahren. Um Doppelbesteuerungen zu vermeiden, sollen neu sämtliche Gegenstände, also insbesondere auch sämtliche Beförderungsmittel und nicht nur Schienen- und Luftfahrzeuge, sowie auch weitere Gegenstände, die ins Ausland vermietet oder verchartert werden, wie zum Beispiel Fabrikationsmaschinen, von der Steuer befreit werden, wenn sie überwiegend im Ausland gebraucht oder genutzt werden. Für solche Gegenstände, die im Ausland genutzt oder gebraucht und danach wieder ins Inland eingeführt werden, sieht die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) das spezielle Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung vor. Es obliegt dem Leistungserbringer oder der Leistungserbringerin nachzuweisen, dass der Gegenstand während der Mietdauer überwiegend im Ausland gebraucht oder genutzt wurde. Auch bei einer Veranlagung nach dem Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung kann die Aus- und Wiedereinfuhr ohne weiteres belegt werden. Nach dem Grundsatz der Besteuerung am Ort des Verbrauchs grenzt diese Steuerbefreiung den Anwendungsbereich der MWST territorial ab. Bei überwiegender Nutzung eines gemieteten Gegenstandes im Ausland ist die Lieferung des vermieteten Gegenstandes in der Schweiz nicht zu besteuern. Ob diese Lieferung im Ausland besteuert wird, darf in Zusammenhang mit der territorialen Abgrenzung der Steuerhoheit nicht ausschlaggebend sein.

Ziffer 3: Die Steuerbefreiungen bei der Lieferung von Gegenständen ins Ausland finden sich in den Ziffern 1 und 2. Aus systematischen Überlegungen regelt diese Ziffer daher einzig die Lieferung von Gegenständen, welche im Inland nachweislich unter Zollüberwachung standen. Dies ist bei folgenden Verfahren der Fall: Transitverfahren nach Artikel 49 ZG, Zolllagerverfahren nach den Artikeln 50 ff. ZG, Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung nach Artikel 58 ZG, Zollverfahren der aktiven Veredelung nach Artikel 59 ZG und Einlagerung in einem Zollfreilager nach den Artikeln 62 ff. ZG.Ziffer 4 entspricht Artikel 19 Absatz 2 Ziffer 4 MWSTG und wurde sprachlich überarbeitet.

Ziffern 5 und 6: Gegenstände können entweder an der Grenze oder im Inland zur Ein- und zur Ausfuhrzollveranlagung angemeldet werden. Im Inland kann dies in einem Zollfreilager, in einem offenen Zolllager, bei einem zugelassenen Empfänger oder einer zugelassenen Empfängerin, bei einem zugelassenen Versender oder einer zugelassenen Versenderin oder bei einer Inlandzollstelle erfolgen. Je nachdem, wo die Veranlagung stattfindet, unterliegen nach geltendem Recht das Befördern und Versenden der Gegenstände und die damit zusammenhängen Leistungen entweder der Einfuhr- oder der Inlandsteuer. Hier soll aus Gründen der Vereinfachung eine einheitliche Regelung angestrebt werden. Zwecks Verbesserung der Übersichtlichkeit wird die Steuerbefreiung bei der Ein- und bei der Ausfuhr in separaten Ziffern geregelt:

- Einfuhr: Die bis zum Bestimmungsort anfallenden Kosten für das Befördern und Versenden der Gegenstände und der damit zusammenhängenden Leistungen (Nebentätigkeiten des Transportgewerbes und Veranlagung zur Einfuhr) unterliegen bei der Einfuhr der Steuer. Bestimmungsort ist jener Ort, an den die Gegenstände zu dem Zeitpunkt, in dem die Einfuhrsteuerschuld nach Artikel 55 E-MWSTG entsteht, zu befördern sind. Die Einfuhrsteuerschuld entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem die Zollstelle die Zollanmeldung annimmt. Ob diese Anmeldung an der Grenze oder im Inland erfolgt, ist somit unerheblich. Diese Betrachtungsweise ist im Übrigen Folge von Artikel 47 Absatz 3 ZG. Danach entsteht bei einem Wechsel des Zollverfahrens, was bei Anmeldung der Gegenstände bei einer Inlandzollstelle oder bei einem zugelassenen Empfänger oder einer zugelassenen Empfängerin regelmässig zutrifft, ein neuer Bemessungszeitpunkt und folglich auch eine neue Steuerschuld. Da bei der Einfuhr nicht immer eine Steuerschuld entsteht (z.B. bei steuerbefreiten Einfuhren), muss im Interesse einer einheitlichen Regelung auch für diese Fälle der massgebende Zeitpunkt im Gesetz festgelegt werden (z.B. Annahme der Zollanmeldung anstelle Entstehung der Steuerschuld). Dabei sollen die gleichen Grundsätze gemäss Zollrecht gelten, die bei der Entstehung einer Steuerschuld angewendet werden. Deshalb erklärt hier das Gesetz Artikel 69 ZG sinngemäss anwendbar.

- Ausfuhr: Erfolgt eine Beförderung der Gegenstände, die sich im zollrechtlich freien Verkehr und somit im Inland befinden, mit anschliessender Anmeldung zu einem Zollverfahren (z.B. Ausfuhrzollverfahren, Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung im Ausland, Zollverfahren der passiven Veredelung), sind die Kosten für das Befördern und Versenden und der damit zusammenhängenden Leistungen (Nebentätigkeiten des Transportgewerbes und Veranlagung zur Ausfuhr) im Inland von der Steuer befreit. Auch hier spielt keine Rolle, ob die Zollanmeldung an der Grenze oder im Inland erfolgt. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Gegenstände vom Inland (Zollfreilager, offenes Zolllager, zugelassener Versender bzw. zugelassene Versenderin oder Inlandzollstelle) zur Grenze nach dem Transitverfahren veranlagt werden. Bei diesem Verfahren stehen die Gegenstände unter Zollüberwachung, weshalb die Beförderung gemäss Artikel 23 Absatz 2 Ziffer 7 E-MWSTG im Inland von der Steuer befreit ist.

Ziffer 7: Neu qualifizieren sich Zollfreilager als Inland. Damit auch die dort erbrachten Nebentätigkeiten des Transportgewerbes von der Steuer befreit sind (z.B. Lagerung), muss eine entsprechende Bestimmung in das Gesetz aufgenommen werden. Auch können Gegenstände, die unter Zollüberwachung stehen, vom ersten inländischen Bestimmungsort an einen andern Ort im Inland transportiert werden, bevor sie entweder wieder ausgeführt oder in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden. Auch für dieses Befördern oder Versenden mitsamt den damit zusammenhängenden Leistungen ist eine Steuerbefreiung im Inland vorzusehen. Gegenstände stehen in folgenden Fällen unter Zollüberwachung: Transitverfahren nach Artikel 49 ZG, Zolllagerverfahren nach den Artikeln 50 ff. ZG, Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung nach Artikel 58 ZG, Zollverfahren der aktiven Veredelung nach Artikel 59 ZG und Zollfreilager nach den Artikeln 62 ff. ZG.

Ziffer 8: Vercharterungen und Vermietungen gelten nach Artikel 3 Buchstabe d E-MWSTG als Lieferungen. Diese Begriffe können hier deshalb weggelassen werden. Dagegen werden zwecks sprachlicher Klarstellung Umbauten, Instandsetzungen und Wartungen von den übrigen Lieferungen getrennt, obwohl sich auch diese Leistungen als Lieferungen qualifizieren. Dies ist deshalb erforderlich, da heute aus Artikel 19 Absatz 2 Ziffer 7 MWSTG nicht hervorgeht, dass die Luftverkehrsunternehmen die Lieferungsempfänger sein müssen bzw. dass die Wartungen, Instandsetzungen usw. an Luftfahrzeugen erbracht werden müssen, welche die Luftverkehrsunternehmen im Rahmen einer Lieferung erworben haben. Der Hinweis im bestehenden Wortlaut, dass die Luftfahrzeuge von den in diesem Artikel genannten Luftverkehrsunternehmen verwendet werden müssen, kann so verstanden werden, dass sie «nur» verwendet werden müssen und Lieferungsempfängerin eine Drittperson gewesen sein kann. Dieses Missverständnis ist vor allem beim Aircraft Management von Bedeutung und soll mit der besseren Formulierung ausgeräumt werden.

Ziffer 10 wurde um die Organisatoren von Veranstaltungen erweitert, welche nach neuer Praxis der ESTV ebenfalls von der Steuer befreit sind, wenn die Leistungen im Ausland bewirkt werden.

Absatz 3 definiert, was als direkte Ausfuhr gilt. Der Gegenstand darf im Inland nicht in Gebrauch genommen worden sein und muss entweder direkt ins Ausland oder in ein Zollfreilager ausgeführt bzw. in ein Zolllagerverfahren überführt werden (Art. 53 Abs. 2 ZG). Die Erfüllung dieser Kriterien ist Voraussetzung dafür, dass eine Lieferung nach Absatz 2 Ziffer 1 von der Steuer befreit werden kann. Mit Absatz 3 wird insbesondere erreicht, dass Gegenstände, welche ein steuerpflichtiger inländischer Lieferant oder eine steuerpflichtige inländische Lieferantin ausländischen Abnehmern und Abnehmerinnen verkauft, nur dann von der Steuer befreit werden können, wenn die Abnehmer und Abnehmerinnen die Gegenstände ohne vorhergehende Ingebrauchnahme exportieren. Dieser Absatz führt im geltenden Recht immer wie der zu unbefriedigenden Situationen. Übergibt nämlich der nichtsteuerpflichtige Kunde (B) eines steuerpflichtigen Lieferanten (A) den gekauften Gegenstand im Rahmen eines Lieferungsgeschäfts einem Dritten (C), fällt nach dem Wortlaut des heutigen Artikels 19 Absatz 4 MWSTG beim steuerpflichtigen Lieferanten (A) die Steuerbefreiung weg (= sogenannte Abholreihengeschäfte). Diese Einschränkung kann das Bestimmungslandsprinzip gefährden. Zwar wird eine Ware zweifelsfrei ausgeführt, dennoch bleibt dem steuerpflichtigen Lieferanten (A) die Steuerbefreiung verwehrt. Eine Verletzung des Bestimmungslandsprinzips kann zwar vermieden werden, wenn der Zwischenhändler B in das MWST-Register eingetragen wird. In diesem Fall bleibt zwar die erste Umsatzstufe (Lieferung von A an B) steuerbelastet, auf der zweiten (Lieferung von B an C) wäre eine Steuerbefreiung jedoch möglich. Die neue Formulierung von Absatz 3 versucht, die Verletzung des Bestimmungslandprinzips zu vermeiden, indem für alle an der Ausfuhr des Gegenstandes beteiligten Lieferanten und Lieferantinnen die direkte Ausfuhr stipuliert wird. Dies stellt eine wesentliche Vereinfachung für die Beteiligten dar und verhindert einen möglichen Entstehungsgrund für die taxe occulte. Die Definition der direkten Ausfuhr gilt lediglich für Absatz 2 Ziffer 1, da im Falle von Ziffer 2 die Ingebrauchnahme des zum Gebrauch überlassenen Gegenstandes bereits im Inland erfolgen kann, wenn nachgewiesen wird, dass die überwiegende Nutzung im Ausland erfolgt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn jemand mit einem inländischen Mietwagen auf eigenen Rädern die Grenze passiert, um diesen überwiegend im Ausland zu nutzen.

Gemäss Absatz 4 kann der Bundesrat neu auch den grenzüberschreitenden Busverkehr von der Steuer befreien. Eine weitergehende Befreiung ist nicht möglich. Beförderungsleistungen im grenzüberschreitenden Schiffsverkehr werden von dieser Bestimmung beispielsweise nicht erfasst. Beim grenzüberschreitenden Schiffsverkehr unterliegt der Inlandstreckenanteil – im Gegensatz zum Auslandstreckenanteil – nach wie vor der schweizerischen MWST. Aufgrund der geringen Bedeutung dieses Verkehrs und der in diesem Bereich bestehenden Regelungen in Staatsverträgen mit Anrainerstaaten ist diese Einschränkung vertretbar. Nicht von der MWST befreit werden zudem weitere grenzüberschreitende Leistungen mit anderen Beförderungsmitteln wie zum Beispiel mit Taxis. Diese Gesetzesänderung hat einen Minderertrag von 1–2 Millionen Franken zur Folge.

Absatz 5 enthält die Delegation zum Erlass der Bestimmungen betreffend die Ausfuhr im Reiseverkehr an das EFD, welche heute in Artikel 90 Absatz 3 Buchstabe a MWSTG enthalten ist.