Gesetzesmaterialien zu Art. 11 MWSTG 2010

Parlamentarische Beratungen

Die parlamentarischen Beratungen des MWSTG 2010 aus dem Jahr 2009 finden sich hier: Parlamentarische Beratungen

Gesetzesfahne

Die Gesetzesfahne zeigt die durch das Parlament diskutierten Änderungen des Gesetzestextes verglichen mit dem Botschaftstext.

Botschaft 2008

Unten finden sie den Botschaftstext zu dieser Bestimmung. Die ganze Botschaft finden sie unter diesem Link: Botschaft 2008

BBl 2008, S. 6951 f.

Die «freiwillige Steuerpflicht», heute geregelt in Artikel 27 MWSTG, wurde grundlegend umgestaltet und vereinfacht. Grundsätzlich soll jede Person, die unternehmerisch tätig ist, die Möglichkeit haben, auf die Befreiung von der Steuerpflicht zu verzichten. Dadurch wird sie so wenig wie möglich durch die taxe occulte belastet und kann Wettbewerbsnachteile eliminieren. Deshalb wird auf eine Mindestumsatzgrenze vollständig verzichtet. Der Verzicht auf die Befreiung ist bereits dann möglich, wenn noch überhaupt keine Umsätze getätigt werden. Dies kann insbesondere bei sogenannten «Start-Up-Unternehmen» der Fall sein, neu gegründeten Unternehmen, welche in einer ersten Phase nur investieren und noch keine Erträge erzielen. Die bisher aufwändige und in der Praxis nicht wirklich sinnvolle Darstellung der unternehmerischen Pläne nach Artikel 27 Absatz 2 MWSTG entfällt. Voraussetzung ist lediglich, dass ein Unternehmen eine auf nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen gerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt. Die Neuregelung ermöglicht auch, dass inländische Unternehmen während ihrer Liquidationsphase beliebig lange auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichten können. Damit wird die Sonderregelung für Kernanlagen gemäss Artikel 29bis MWSTG auch anderen Unternehmen zugänglich gemacht (was der bisher geübten Praxis entspricht) und die Sonderregelung selbst überflüssig.

Absatz 2: Die Liberalisierung des Verzichts auf die Befreiung von der Steuerpflicht stellt eine grosse Vereinfachung für die Unternehmen dar. Sie erweitert aber auch die Betrugsanfälligkeit des Mehrwertsteuersystems. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass beim Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht teilweise und manchmal über mehrere Jahre hinweg hohe Vorsteuerüberschüsse (z.B. aufgrund der Einlageentsteuerung) an die Steuerpflichtigen ausbezahlt werden. Stellt sich nachträglich heraus, dass die geltend gemachten Vorsteuerüberschüsse nicht gerechtfertigt waren, ist eine nachträgliche Rückforderung der Steuern kaum mehr möglich. Deshalb soll die ESTV den Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht von der Leistung von Sicherheiten abhängig machen können. Da Unternehmen auch in zahlreichen anderen Fällen Sicherheiten leisten müssen (z.B. zum Erhalt von Bankkrediten), ist dies den Unternehmen auch im Bereich der «freiwilligen Steuerpflicht» zumutbar.

Absatz 3: Während mindestens eines Jahres muss der Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht beibehalten werden, das heisst, eine Abmeldung ist auf Ende jeder kommenden Steuerperiode möglich. Dies stellt eine erhebliche Flexibilisierung gegenüber der heutigen Praxis dar, wonach die «freiwillige Steuerpflicht» während mindestens fünf Jahren beibehalten werden muss. Verzichtet ein Unternehmen nicht bereits mit Aufnahme seiner Tätigkeit auf die Befreiung von der Steuerpflicht, kann es nach Überschreiten der Umsatzlimite für die Befreiung von der Steuerpflicht die auf seinen Investitionen und seinem Warenlager lastende MWST über die Einlageentsteuerung (Art. 33 E-MWSTG) geltend machen und dadurch eine taxe occulte vermeiden. Bei Ende des Verzichts auf Befreiung liegt allenfalls ein Eigenverbrauch vor, was zu einer nachträglichen Korrektur der geltend gemachten Vorsteuern führt.