Gesetzesmaterialien zu Art. 37 MWSTG 2010

Parlamentarische Beratungen

Die parlamentarischen Beratungen des MWSTG 2010 aus dem Jahr 2009 finden sich hier: Parlamentarische Beratungen

Gesetzesfahne

Die Gesetzesfahne zeigt die durch das Parlament diskutierten Änderungen des Gesetzestextes verglichen mit dem Botschaftstext.

Botschaft 2008

Unten finden sie den Botschaftstext zu dieser Bestimmung. Die ganze Botschaft finden sie unter diesem Link: Botschaft 2008

BBl 2008, S. 6981 f.

Absatz 1 entspricht dem bisherigen Artikel 59 Absatz 1 MWSTG und regelt die Abrechnung nach Saldosteuersätzen. Diese Methode erfreut sich grosser Beliebtheit bei den Steuerpflichtigen. Rund ein Drittel der heute rund 320 000 Steuerpflichtigen rechnet auf diese Weise ab. Um noch mehr Steuerpflichtigen die Abrechnung mit dieser Methode zu ermöglichen, soll ihr Anwendungsbereich ausgeweitet werden. Die Grenze des steuerbaren Jahresumsatzes, bis zu welcher die Saldosteuersatzmethode angewendet werden kann, wird von heute 3 Millionen Franken auf 5 Millionen Franken und die Steuerzahllastgrenze von heute 60 000 Franken auf 100 000 Franken erhöht. Die Ausweitung ist deshalb angezeigt, weil die Saldosteuersatzmethode eine wesentliche Vereinfachung für die Steuerpflichtigen darstellt. Erleichtert werden dadurch sowohl die Buchführung als auch die Steuerabrechnung. Die an die Umsatzsteuer anrechenbare Vorsteuer muss nicht mehr ermittelt und buchmässig erfasst werden. Es muss lediglich der erzielte steuerbare Gesamtumsatz (inklusive Steuer) deklariert und mit dem von der ESTV bewilligten Saldosteuersatz multipliziert werden. Bei den Saldosteuersätzen handelt es sich um Durchschnittssätze, mithin um Pauschalen, welche die gesamten bei den Unternehmen einer bestimmten Branche bzw. einer bestimmten Tätigkeit anfallenden Vorsteuern als Mittelwert erfassen. Die Anwendung dieser Methode wird im Weitern dadurch erleichtert, dass dabei nur halbjährlich abgerechnet werden muss (Art. 36 Abs. 1 Bst. b E-MWSTG). Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Saldosteuersatzmethode haben rund 16 000 Steuerpflichtige zusätzlich die Möglichkeit, mit Saldosteuersätzen abzurechnen.

Absatz 2 entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 59 Absatz 2 MWSTG. Es sind redaktionelle Änderungen vorgenommen worden. Heute berechnet die ESTV aufgrund der von ihr anlässlich von Kontrollen erhobenen Zahlen für jede einzelne Branche den durchschnittlichen Saldosteuersatz. Anschliessend wird diese Branche demjenigen der aktuell sieben Saldosteuersätze zugeordnet, der diesem Durchschnittswert am nächsten liegt. In Zweifelsfällen wird dabei abgerundet. Diese Sätze sind also Durchschnittssätze. Nur so ist gewährleistet, dass Steuerpflichtige, die nach dieser Methode abrechnen, gegenüber den effektiv Abrechnenden weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Die Anwendung der Saldosteuersatzmethode ist freiwillig. Wenn die Steuerpflichtigen der Ansicht sind, mit der effektiven Abrechnungsmethode besser zu fahren, können sie diese wählen. Für die Steuerpflichtigen soll grösstmögliche Transparenz geschaffen werden. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) als unabhängige Stelle die von der ESTV festgelegten Saldosteuersätze regelmässig auf ihre Angemessenheit überprüft.

Absatz 3 entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 59 Absatz 3 MWSTG. Nach geltendem Recht ist ein Wechsel von der Abrechnung mit Saldosteuersätzen zur effektiven Abrechnungsmethode und umgekehrt jeweils frühestens nach fünf Jahren möglich. Namentlich die gesetzliche Verpflichtung, die Saldosteuersatzmethode während mindestens fünf Jahren anwenden zu müssen, veranlasst zahlreiche Unternehmen, sich dieser vereinfachten Abrechnungsweise nicht zu unterstellen. Der Hauptgrund liegt darin, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Regel nicht auf fünf Jahre hinaus vorhersagen lässt. Ausserdem übersteigen die Vorsteuern in Jahren mit grösseren Investitionen die bei Anwendung des Saldosteuersatzes pauschal angerechnete Steuer deutlich. In Jahren mit keinen oder unterdurchschnittlichen Investitionen wird dafür mehr Steuer pauschal angerechnet als angefallen ist. Ein Grossteil der steuerpflichtigen Personen entscheidet sich deshalb für die effektive Methode, welche sicherstellt, dass der Vorsteuerabzug jederzeit vollumfänglich gewährleistet ist. Die Frist für die Beibehaltung der Saldosteuersatzmethode soll deshalb auf ein Jahr herabgesetzt werden. Rund 10 000 bis 15 000 Steuerpflichtige dürften deswegen von der effektiven Abrechnungsmethode zur Saldosteuersatzmethode wechseln.

Um die Saldosteuersatzmethode noch attraktiver zu gestalten, soll auch die Frist, fünf Jahre effektiv abzurechnen, bis zur Saldosteuersatzmethode gewechselt werden kann, auf drei Jahre verkürzt werden. Dies erlaubt den Steuerpflichtigen grösstmögliche Flexibilität in Bezug auf die Wahl der Abrechnungsmethode. Eine Verkürzung der Frist auf ein Jahr wie beim Wechsel von der Saldosteuersatzmethode zur effektiven Abrechnung, ist hier nicht möglich. Saldosteuersätze sind Branchendurchschnittssätze, welche die gesamten in den Bezügen enthaltenen Vorsteuern berücksichtigen. Die Nettosteuerschuld weicht somit längerfristig nicht oder nur geringfügig von derjenigen bei effektiver Abrechnung ab. Liesse man einen jährlichen Wechsel in beiden Richtungen zu, würde in Jahren mit Investitionstätigkeit und damit grösserem Vorsteueranfall effektiv und in den übrigen Jahren mit Saldosteuersatz abgerechnet. Die Saldosteuersatzmethode diente damit in erster Linie der Steueroptimierung und das Leitmotiv der administrativen Vereinfachung würde stark in den Hintergrund gedrängt. Ausserdem würden häufige Wechsel die Entrichtungswirtschaftlichkeit der Steuer bei den Steuerpflichtigen und die Erhebungswirtschaftlichkeit bei der Steuerverwaltung erheblich verschlechtern.

Absatz 4 ist neu. Er regelt jedoch nur, was bisher gestützt auf Artikel 58 Absatz 3 MWSTG Praxis der ESTV insbesondere in Bezug auf die Gemeinwesen war. Demnach wird neu explizit festgehalten, dass Gemeinwesen und verwandte Einrichtungen wie private Spitäler oder Schulen, konzessionierte Transportunternehmen, Veranstalter von nicht wiederkehrenden Anlässen in den Bereichen Kultur und Sport sowie Vereine und Stiftungen die Saldosteuersatzmethode nicht anwenden dürfen. Ihnen wird jedoch in der Form der Pauschalsteuersatzmethode eine analoge Vereinfachung zur Verfügung gestellt. Die Regelung der Einzelheiten ist an den Bundesrat delegiert.