A-1511/2006

Urteil vom 3. September 2007

Mitwirkung:

Richter Daniel Riedo (Vorsitz), Pascal Mollard, Richterin Salome Zimmermann; Gerichtsschreiberin Jeannine Müller.

X._______ AG,

Beschwerdeführerin, vertreten durch Z._______ AG

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer,

Vorinstanz,

betreffend

Mehrwertsteuer; Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland (1/1998 - 3/2003).

Sachverhalt:

A. Die X._______ AG bezweckte insbesondere den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Übernahme und Durchführung von Finanzgesellschaften im In- und Ausland, insoweit diese Bezug hatten auf die Vorbereitung, den Bau, den Erwerb, den Betrieb, die Umwandlung oder die Veräusserung von industriellen Unternehmen jeder Art. Zudem konnte sie Aktien oder Obligationen oder andere Wertpapiere solcher Unternehmungen erwerben, ihnen Kredite eröffnen oder Darlehen auf längere Zeit gewähren, auch sich gegen Einlage von Kapital am Gewinn und Verlust derselben als stiller Beteiligter, Kommanditär oder sonst interessieren. Die X._______ AG bildete in der fraglichen Zeit die "X._______ Gruppe" mit folgenden Tochtergesellschaften: die A._______ AG, die B._______ AG, die C._______ AG sowie die D._______ AG. Die X._______ Gruppe machte von der mehrwertsteuerlichen Gruppenbesteuerung indes keinen Gebrauch. Die X._______ AG war für ihre Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2003 im Register für Mehrwertsteuerpflichtige der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. Per 31. August 2003 fusionierte die X._______ AG (nachfolgend: Steuerpflichtige oder Beschwerdeführerin) mit der Y._______ AG, welche in die steuerlichen Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen eintrat.

B. An diversen Tagen im Dezember 2003 und Januar 2004 führte die ESTV bei der Steuerpflichtigen eine Steuerkontrolle durch. Gestützt auf deren Ergebnis erhob sie für die Jahre 1998 bis 2003 mit fünf Ergänzungsabrechnungen (EA) in der Zeit zwischen 18. Dezember 2003 und 4. März 2004 Steuernachforderungen im Gesamtbetrag von rund ... Franken zuzüglich Verzugszins. Davon resultierten gesamthaft Fr. ... aus dem Vorhalt, die Steuerpflichtige habe Dienstleistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland bezogen (im Wesentlichen von der X._______ ... GmbH), jedoch weder deklariert noch versteuert.

C. In der Folge liess die Steuerpflichtige die Nachforderungen weitgehend bestreiten und bezüglich der Dienstleistungsbezüge aus dem Ausland geltend machen, die X._______ ... GmbH habe bezweckt, durch aktive Marktbearbeitung in ... für die X._______-Gruppe einen neuen Absatzmarkt, insbesondere für Elektrizität, zu erschliessen. Weil die GmbH auf dem ... Markt unbekannt gewesen sei, habe sie - um neue Kunden akquirieren zu können - den von den vier Tochtergesellschaften der Steuerpflichtigen zugekauften Strom teilweise unter den Gestehungskosten verkaufen müssen. Die daraus folgenden Verluste hätten die Gesellschafter der GmbH, darunter die Steuerpflichtige, im Verhältnis ihrer Anteile am Stammkapital übernehmen müssen. Diese Verlustdeckung durch die Steuerpflichtige sei kein Entgelt für den vorgehaltenen Dienstleistungsbezug. Es mangle überdies am Leistungswillen der X._______ ... GmbH und entsprechend an einer Leistung und an deren wirtschaftlichen Verknüpfung mit einem Entgelt. Ihre Zahlungen stellten reine Sanierungsbeiträge dar und lösten deshalb keine Steuer aus.

D. Mit Entscheid vom 2. Februar 2005 bestätigte die ESTV die Nachforderungen im noch strittigen Umfang zuzüglich Verzugszins. Zur Begründung führte die Verwaltung im Wesentlichen an, die X._______ ... GmbH habe in ... den Absatzmarkt exklusiv für die X._______-Gruppe aufgebaut, was eine mehrwertsteuerliche Dienstleistung darstelle. Das Entgelt habe in der Verlustdeckung durch die Steuerpflichtige bestanden. Liege ein Leistungsaustausch vor, sei gleichzeitig ausgeschlossen, dass es sich um Sanierungsbeiträge handle. Die GmbH habe ihren Sitz im Ausland, weshalb die Steuerpflichtige Dienstleistungen aus dem Ausland bezogen habe, die es zu versteuern gäbe. Am 7. März 2005 liess die Steuerpflichtige Einsprache erheben und beantragen, den angefochtenen Entscheid - u. a. betreffend die Dienstleistungsbezüge - aufzuheben, unter Berufung auf die bereits bekannten Argumente.

E. Mit Einspracheentscheid vom 19. September 2005 wies die ESTV die Einsprache ab und bestätigte die Steuerforderungen im noch strittigen Gesamtbetrag zuzüglich Verzugszins. Die Begründung entsprach im Wesentlichen jener des Entscheides vom 2. Februar 2005.

F. Am 20. Oktober 2005 lässt die Steuerpflichtige gegen diesen Einspracheentscheid bei der Eidgenössischen Steuerrekurskommission (SRK) Beschwerde einreichen und im Ergebnis beantragen, diesen im Umfang von Fr. ... (Dienstleistungsbezug aus dem Ausland) unter Kosten- und Entschädigungsfolge aufzuheben; die ESTV sei zu verpflichten, diesen Betrag zuzüglich Vergütungszins seit 23. Februar 2005 "auf das Konto Nr. ... der Y._______ AG bei der ..." zu überweisen. Mit Vernehmlassung vom 7. Dezember 2005 schliesst die ESTV auf Abweisung der Beschwerde.

G. Am 29. Januar 2007 teilt das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensbeteiligten mit, es habe das vorliegende Verfahren zuständigkeitshalber übernommen.

Auf die Eingaben der Parteien an die SRK sowie ans Bundesverwaltungsgericht wird - soweit entscheidwesentlich - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Bis zum 31. Dezember 2006 unterlagen Einspracheentscheide der ESTV der Beschwerde an die SRK. Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, die am 1. Januar 2007 bei der SRK hängigen Rechtsmittel. Die Beurteilung erfolgt nach neuem Verfahrensrecht (Art. 53 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR173.32]). Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss Art. 37 VGG das Verfahren nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR

172.021). Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Behandlung der Beschwerde sachlich wie funktionell zuständig (Art. 31 und 33 Bst. d VGG). Die Beschwerdeführerin hat den Einspracheentscheid vom 19. September 2005 frist- und auch formgerecht angefochten (Art. 50 und 52 VwVG). Sie ist durch diesen beschwert und grundsätzlich zur Anfechtung berechtigt (Art. 48 VwVG).

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die ESTV sei zu verpflichten, den zurückgeforderten Betrag "auf das Konto Nr. ... der Y._______AG bei der ..." zu überweisen, betrifft Modalitäten der Vollstreckung, die vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht justiziabel sind. Abgesehen von diesem Begehren, im Falle einer Gutheissung der Beschwerde sei das Guthaben auf das genannte Konto zu zahlen, ist auf die Beschwerde einzutreten.

1.2 Am 1. Januar 2001 sind das Bundesgesetz vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (MWSTG, SR 641.20) sowie die zugehörige Verordnung (Verordnung vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer [MWSTGV, SR 641.201]) in Kraft getreten. Die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts richtet sich nach dieser Gesetzgebung, soweit er sich in deren zeitlichen Geltungsbereich ereignet hat (1. Januar 2001 bis 30. September 2003). Soweit sich hingegen der Sachverhalt vor Inkrafttreten des MWSTG zugetragen hat (1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2000), ist auf die vorliegende Beschwerde grundsätzlich noch die Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (MWSTV von 1994, AS 1994 1464) anwendbar (Art. 93 und 94 MWSTG).

1.3 Nach dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen ist das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz an die rechtliche Begründung der Begehren nicht gebunden. Es kann eine Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (Art. 62 Abs. 4 VwVG; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1342/2006 vom 3. Mai 2007 E. 1.3; André Moser, in: André Moser/Peter Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frankfurt am Main 1998, Rz. 1.8 f.).

2.

2.1 Der Mehrwertsteuer unterliegen u.a. die im Inland gegen Entgelt erbrachten Dienstleistungen sowie unter gewissen Umständen der entgeltliche Dienstleistungsbezug aus dem Ausland (Art. 5 Bst. b und d MWSTG; Art. 4 Bst. b und d MWSTV).

2.2

2.2.1 Der Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland ist mehrwertsteuerlich wie folgt geregelt:

Nach dem MWSTG hat der Empfänger den Bezug einer Dienstleistung zu versteuern, wenn er nach Art. 24 steuerpflichtig ist und sofern: a) es sich um eine unter Art. 14 Abs. 3 fallende Dienstleistung handelt, die ein im Inland nicht steuerpflichtiger Unternehmer mit Sitz im Ausland im Inland erbringt, der nicht nach Art. 27 für die Steuerpflicht optiert; oder b) es sich um eine unter Art. 14 Abs. 1 fallende steuerbare Dienstleistung handelt, die der Empfänger mit Sitz im Inland aus dem Ausland bezieht und zur Nutzung oder Auswertung im Inland verwendet (Art. 10 MWSTG).

Laut MWSTV muss der inländisch ansässige Empfänger die steuerbare Dienstleistung aus dem Ausland versteuern, wenn er sie zur Nutzung oder Auswertung im Inland verwendet und sofern er nach Art. 18 steuerpflichtig ist (Art. 9 MWSTV).

2.2.2 In der Verwaltungspraxis wird Näheres zum steuerbaren Dienstleistungsbezug und dessen Voraussetzungen, namentlich zur Nutzung und Auswertung im Inland, festgelegt (betreffend MWSTG: s. Wegleitung 2001 zur Mehrwertsteuer, Rz. 513; Merkblatt Nr. 6 über grenzüberschreitende Dienstleistungen; Abgrenzung Lieferung/Dienstleistung, Ziff. 3.3; betreffend MWSTV: Merkblatt Nr. 13 über die Steuerbefreiung von bestimmten ins Ausland erbrachten oder aus dem Ausland bezogenen Dienstleistungen vom 31. Januar 1997, Ziff. 9 bzw. Ziff. 1-6).

2.2.3 Nach der Rechtsprechung ist das Kriterium der "Nutzung und Auswertung" der Dienstleistung beim Bezug aus dem Ausland grundsätzlich in gleicher Weise anzuwenden und auszulegen wie beim Dienstleistungsexport (gemäss Art. 15 Abs. 2 Bst. l MWSTV), wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. So werde beim Dienstleistungsexport für den Fall des ausländischen Geschäfts- bzw. Wohnsitzes des Leistungsempfängers im Sinne einer Vermutung - allenfalls zusammen mit anderen Hinweisen in Fakturakopien, Zahlungsbelegen, Vertragsschriften etc. - angenommen, die Dienstleistung werde auch im Ausland verbraucht (d. h. dort zur Nutzung oder Auswertung verwendet). Umgekehrt dürfe beim Dienstleistungsbezug aus dem Ausland davon ausgegangen werden, die Dienstleistung werde in der Schweiz zur Nutzung und Auswertung verwendet, wenn der Leistungsempfänger inländischen Geschäfts- bzw. Wohnsitz verzeichne (allenfalls in Verbindung mit anderen Hinweisen; zum Ganzen: Entscheid der SRK vom 27. Juli 2006, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 70.103 E. 2c/aa und E 2c/bb, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung; s. auch Entscheid der SRK vom 22. Mai 2001, veröffentlicht in VPB 65.103 E. 8e). Allerdings sei diese Vermutung der Nutzung und Auswertung der Dienstleistung nach dem Empfängerort widerlegbar (Entscheid der SRK vom 27. Juli 2006, a.a.O., E 2c/bb; Entscheid der SRK 2002-051 vom 30. Juni 2003 E. 2c, 3b).

2.3 Als Ort einer Dienstleistung gilt unter Vorbehalt von Abs. 2 und 3 der Ort, an dem die Dienst leistende Person den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird (Erbringerortsprinzip als Regel; Art. 14 Abs. 1 MWSTG). Als Ort der nachfolgend aufgeführten Dienstleistungen gilt der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, für welche die Dienstleistungen erbracht werden (Empfängerortsprinzip als Ausnahme): a) Abtretung und Einräumung von Immaterialgüter- und ähnlichen Rechten; b) Leistungen auf dem Gebiet der Werbung; c) Leistungen von Beratern, Vermögensverwaltern, Treuhändern, Inkassobüros, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Notaren (vorbehältlich Abs. 2 Bst. a), Buchprüfern, Dolmetschern und Übersetzern, Managementdienstleistungen sowie sonstige ähnliche Leistungen; d) die Datenverarbeitung, die Überlassung von Informationen und ähnliche Dienstleistungen; e) Telekommunikationsdienstleistungen; f) der gänzliche oder teilweise Verzicht, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben oder ein in diesem Absatz genanntes Recht wahrzunehmen; g) der Personalverleih; h) Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze, einschliesslich Rückversicherungsumsätze, ausgenommen die Vermietung von Schliessfächern (Art. 14 Abs. 3 MWSTG).

Nach der MWSTV wird der Ort einer Dienstleistung vorbehältlich hier nicht interessierender Ausnahmen ebenfalls nach dem Erbringerortsprinzip bestimmt (Art. 12

MWSTV). 2.4 Damit eine steuerbare Dienstleistung überhaupt vorliegt, muss sie im Austausch mit einer Gegenleistung (Entgelt) erfolgen. Die Entgeltlichkeit stellt ein unabdingbares Tatbestandsmerkmal einer mehrwertsteuerlichen Leistung dar (Ausnahme: Eigenverbrauch [Art. 5 Bst. c MWSTG; Art. 4 Bst. c MWSTV]). Besteht kein Austauschverhältnis in diesem Sinn zwischen Leistungserbringer und -empfänger, ist die Aktivität mehrwertsteuerlich irrelevant und fällt nicht in den Geltungsbereich der Mehrwertsteuerverordnung (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1431/2006 vom 25. Mai 2007 E. 2.1; Entscheid der SRK vom 18. November 2002, veröffentlicht in VPB 67.49 E. 2a cc).

Die Annahme eines solchen Leistungsaustausches setzt voraus, dass zwischen Leistung und Gegenleistung eine innere wirtschaftliche Verknüpfung gegeben ist (BGE 126 II 443 E. 6a, mit Hinweisen; Ivo P. Baumgartner, in mwst.com, Kommentar zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Basel/Genf/München 2000, ad Art. 33 Abs. 1 und 2 Rz. 6 und 8). Die Beantwortung der Frage nach der inneren Verknüpfung erfolgt nicht in erster Linie nach zivilrechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen, tatsächlichen Kriterien. Insbesondere ist für die Annahme eines Leistungsaustauschs das Vorliegen eines Vertragsverhältnisses nicht zwingend erforderlich (BGE 126 II 249 E. 4a). Es genügt vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung innerlich derart verknüpft sind, dass die Leistung eine Gegenleistung auslöst. Ausreichend kann folglich auch sein, wenn einer Leistung eine erwartete (Üblichkeit) oder erwartbare Gegenleistung (nach den Umständen ist erwartbar, dass eine Leistung die Gegenleistung auslöst) gegenübersteht, d.h. dass nach den Umständen davon auszugehen ist, die Leistung löse eine Gegenleistung aus (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 2007, a.a.O, E. 2.2).

2.5 Auch die Steuerbarkeit von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern hängt vom Vorhandensein eines mehrwertsteuerlichen Leistungsaustausches nach den allgemeinen Regeln (E. 2.4 hievor) ab. Bei Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft (Gesellschafterbeiträge oder Gesellschaftereinlagen), die nicht gegen spezielle Entschädigungen bzw. Gegenleistungen der Gesellschaft erfolgen, ist gemäss Lehre und Rechtsprechung von nicht steuerbaren Leistungen auszugehen. Namentlich kommt kein mehrwertsteuerlicher Leistungsaustausch zustande bei der ordentlichen Gewinn- und Verlustbeteiligung (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1439/2006 vom 18. Juni 2007 E. 2.5; Entscheide der SRK 2003-164 vom 17. Oktober 2006 E. 2c und d, 2003-177 vom 27. März 2006 E. 2d/bb, 2002-153 vom 3. Mai 2005 E. 3b und c, Entscheid der SRK vom 12. Oktober 2001, veröffentlicht in VPB 66.42 E. 5c/cc; Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 422; vgl. auch Jean-Marc Rivier/Annie Rochat Pauchard, Droit fiscal suisse, La taxe sur la valeur ajoutée, Lausanne 2000, S. 244).

Nach neuerer Rechtsprechung haben Kapitaleinlagen von Gesellschaftern, mit welchen ein Aktionär eine Unternehmung über Eigenkapital finanziert (gleich wie Darlehen eines Aktionärs, d.h. bei Finanzierung über Fremdkapital), anders als Spenden von Gesellschaftern grundsätzlich keine verhältnismässige Vorsteuerkürzung im Sinne von Art. 38 Abs. 8

MWSTG bzw. Art. 30 Abs. 6 MWSTV zur Folge. Denn Kapitaleinlagen (wie auch Darlehen) stellten reine Finanzierungsmassnahmen dar, welche der Gesellschaft die Ausübung ihrer Tätigkeit überhaupt erst erlauben. Im Unterschied zu Subventionen und Spenden ergänzten sie nicht den Umsatz der Gesellschaft, sondern stellten einzig den Finanzbedarf sicher (BGE 132 II 353 E. 6.4, 7.1, 7.2, 9.3; Urteil des Bundesgerichts 2A.410/2006 vom 18. Januar 2007 E. 5.3). Dasselbe habe neben den Kapitaleinlagen auch für Finanzierungen mittels anderer Gesellschafterbeiträge wie Forderungsverzichten, Zinsverzichten, à-fonds-perdu-Zahlungen usw. zu gelten (vgl. BGE 132 II 353 E. 6.4, 7.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1345/2006 vom 12. Juni 2007 E. 3.2 und 3.4). Die genannten Beiträge, welche zu keiner Kürzung des Vorsteuerabzugs führen, erfolgen unentgeltlich und stehen deshalb ausserhalb des Geltungsbereichs der Mehrwertsteuer, soweit es sich nicht um Zahlungen gemäss Art. 18 Ziff. 19 MWSTG bzw. Art. 14 Ziff. 15

MWSTV handelt (betreffend Kapitaleinlagen s. bereits Entscheid der SRK vom 17. Oktober 2006, a.a.O., E. 2c und d).

So wird denn in der Literatur allgemein die Meinung vertreten, reine Finanzierungs-, Verlustdeckungs- oder Sanierungsbeiträge und dergleichen wiesen keinen Entgeltscharakter auf (Ivo P. Baumgartner, mwst.com, a.a.O., ad Art. 33 Rz. 41; Diego Clavadetscher, mwst.com, a.a.O., ad Art. 38 Abs. 8 Rz. 16; Pierre-Marie Glauser, Nouvelle jurisprudence concernant le traitement des subventions au regard de la TVA, veröffentlicht in Der Schweizer Treuhänder (ST) 4/99, S. 409 ff.), wenn sie in erster Linie darauf abzielen, den wirtschaftlichen Fortbestand der Unternehmung sicherzustellen und nicht darauf, konkrete Leistungen abzugelten (Daniel Riedo, Problemfall Subvention im Mehrwertsteuerrecht, veröffentlicht in Festschrift SRK, Lausanne 2004, S. 131). Nicht anders hat es sich zu verhalten, wenn solche unentgeltliche Beiträge an die Gesellschaft durch ihre Gesellschafter erfolgen. Sie bleiben durch den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer unerfasst.

3.

3.1 Gemäss Gesellschaftsvertrag der X._______ ... GmbH mit Sitz in ... ist Gegenstand des Unternehmens der An- und Verkauf von elektrischer Energie und anderen Energien wie Gas, Wärme etc. sowie der Handel mit Energiedienstleistungen aller Art. In der fraglichen Zeit bildeten die Beschwerdeführerin und ihre Tochtergesellschaften (A._______ AG, B._______ AG, C._______ AG und D._______ AG) gleichzeitig Gesellschafterinnen der X._______ ... GmbH. Die Beschwerdeführerin besass 25% der Stammanteile. Die Aufgabe der X._______ ... GmbH bestand nach Angaben der Verfahrensbeteiligten darin, durch aktive Marktbearbeitung in ... der X._______-Gruppe einen neuen Absatzmarkt, inbesondere für Elektrizität, zu erschliessen. Im "Memorandum of understanding" vom 11. November 1998 gab sich die X._______-Gruppe vor, die X.________ ... GmbH exklusiv mit der gemeinsam beschafften Energie zu versorgen und diese damit in die Lage zu versetzen, marktfähige Angebote abzugeben und kostendeckend zu arbeiten; trete dennoch eine Kostenunterdeckung auf, würden die Beschwerdeführerin, die A._______ AG, B._______ AG, C._______ AG sowie die D._______ AG diese entsprechend ihrer Beteiligungsquote übernehmen (Memorandum, a.a.O., S. 2). Die GmbH belieferte am ... Strommarkt im Wesentlichen Industriekunden und Weiterverteiler mit Energie und erwirtschaftete in den Geschäftsjahren 1999/2000 und 2001/2002 Verluste, welche u. a. die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Stammanteile zu übernehmen hatte. Die ESTV erhob darauf die Steuer zum Normalsatz, was zur noch im Streit liegenden Nachforderung in Höhe von Fr. ... führte. In der Verlustdeckung erblickt die Vorinstanz das Entgelt der Beschwerdeführerin für steuerbare Dienstleistungen, welche diese von der X._______ ... GmbH bezogen habe und darin bestanden hätten, in ... den Absatzmarkt exklusiv für die X._______-Gruppe aufzubauen.

3.2

3.2.1 Da es sich bei dieser Art von Dienstleistungen, welche die Vorinstanz der Beschwerdeführerin vorhält, ganz offensichtlich um keine solchen handelt, die (für die Zeit ab 1. Januar 2001) unter Art. 14 Abs. 3 MWSTG fallen, ist für ihren steuerbaren Bezug aus dem Ausland in casu vorausgesetzt, dass sie durch die Beschwerdeführerin im Inland genutzt oder ausgewertet wurden (E. 2.2.1 hievor). Bei der Nutzung oder Auswertung handelt es sich um eine unabdingbare Tatbestandsvoraussetzung des steuerbaren Dienstleistungsbezugs aus dem Ausland. Weder die Vorinstanz noch die Beschwerdeführerin äussern sich dazu, weshalb sich das Bundesverwaltungsgericht zur diesbezüglichen Prüfung von Amtes wegen veranlasst sieht.

3.2.2 Wollte mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden, die Dienstleistung der X._______ ... GmbH an die Beschwerdeführerin habe darin bestanden, exklusiv für diese (und die übrigen Gesellschaften der X._______ Gruppe) den Absatzmarkt ... zu erschliessen, damit sie ihren Umsatz habe erhöhen können, dann ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Nutzung oder Auswertung im Inland stattgefunden hatte. Den Absatzmarkt ... erschloss die GmbH für sich selbst, bestand ihre Tätigkeit doch im An- und Verkauf von elektrischer Energie und anderen Energien wie Gas, Wärme etc. sowie im Handel mit Energiedienstleistungen aller Art. Diese Tätigkeit übte sie unbestrittenermassen selbständig und im eigenen Namen in ... aus. Die Nutzung und Auswertung einer Markterschliessung erfolgte infolgessen in ... und nicht in der Schweiz. Wenn vom Absatz in ... wirtschaftlich auch die anderen Mitglieder der X._______-Gruppe (bzw. die Gesellschafterinnen der X._______ ... GmbH) profitierten, dann lag dies im Beteiligungsverhältnis begründet und löste für sich noch keine Dienstleistung an die Beschwerdeführerin als Gesellschafterin aus (vgl. E. 3.3 hienach). Nicht anders verhält es sich mit der beabsichtigten Umsatzsteigerung durch die Markterschliessung. Zunächst einmal erschloss die GmbH den ... Markt wiederum für den eigens und selbständig erzielten Umsatz mit Energie. Überdies handelte es sich, wie die Vorinstanz selbst betont, bei der Beschwerdeführerin um eine reine Holdinggesellschaft, die selbst weder Energie produzierte noch damit handelte (solches hätte auch dem beschwerdeführerischen Gesellschaftszweck widersprochen [vgl. Sachverhalt A hievor]). Als Energielieferantinnen der X._______ ... GmbH traten vielmehr die selbständigen Tochtergesellschaften der Beschwerdeführerin auf. Eine eigentliche Erhöhung des Umsatzes mit Energie konnte folglich bei der Beschwerdeführerin gar nicht stattfinden mit der Folge, dass auch diesbezüglich eine Nutzung und Auswertung im Inland fehlte. Wenn eine Umsatzsteigerung der GmbH in ... sich positiv auf die Beschwerdeführerin als deren Gesellschafterin auswirkte, dann liegen die Gründe wiederum im Beteiligungsverhältnis und nicht in einem Dienstleistungsbezug.

Wäre vorliegend überhaupt von Dienstleistungen an die Beschwerdeführerin auszugehen, wie sie von der ESTV geltend gemacht werden, dann ist aufgrund der Aktenlage folglich erstellt, dass sie in Deutschland und nicht im Inland zur Nutzung und Auswertung verwendet wurden. Weder aus den gesetzlichen Vorschriften noch aus der Verwaltungspraxis (s. E. 2.2.1 und 2.2.2 hievor) lässt sich Gegenteiliges ableiten. Die Vermutung, wonach die behaupteten Dienstleistungen am Sitz der Beschwerdeführerin, also im Inland, genutzt oder ausgewertet gelten (vgl. E. 2.2.3 hievor), hat als widerlegt zu gelten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des steuerbaren Dienstleistungsbezugs aus dem Ausland sind nicht erfüllt.

Die Beschwerde ist bereits aus diesem Grund gutzuheissen. Die Steuer ist im umstrittenen Umfang der Beschwerdeführerin zuzüglich Vergütungszins in Folgeleistung des Art. 48 Abs. 4 MWSTG bzw. Art. 39 Abs. 4 MWSTV zurückzubezahlen.

3.3 Die Beschwerde wäre auch unter einem anderem Gesichtspunkt gutzuheissen.

Erklärtes Ziel für die X._______ ... GmbH war, die unverzügliche Marktpräsenz in ... und wettbewerbsfähige Preise zu erzielen. Mit der gemeinsamen Beschaffung der Energie durch die X._______-Gruppe sollte die GmbH in die Lage versetzt werden, marktfähige Angebote an ... Kunden abzugeben und kostendeckend zu arbeiten. Für den Fall, dass die GmbH dennoch Verluste erwirtschaftete, waren deren Gesellschafterinnen gehalten, diese zu decken (E. 3.1 hievor; Memorandum, a.a.O., S. 2; vgl. Beschwerdebeilage 27). So hat die Beschwerdeführerin (und die anderen Gesellschafterinnen der GmbH) mittels "nicht rückzahlbaren Zuschüssen" (s. Vereinbarung zwischen der GmbH und deren Gesellschafterinnen vom 31. März 2000) die in Rede stehenden Verluste der GmbH übernommen (vgl. Vernehmlassungsbeilage 3).

Die fraglichen Zuschüsse stellten reine Finanzierungsmassnahmen der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin dar, welche der X._______ ... GmbH die Ausübung und Fortführung ihrer Tätigkeit (Umsatz mit Energie) überhaupt erst ermöglichten. Weder ergänzten sie den Umsatz der GmbH noch hatten sie Leistungen irgendwelcher Art an die Beschwerdeführerin als Gesellschafterin abgegolten, sondern stellten einzig den Finanzbedarf der GmbH sicher (E. 2.5 hievor). Insbesondere kann nicht gesagt werden, die GmbH habe der Beschwerdeführerin eine Dienstleistung erbracht, indem sie den ... Markt erschloss oder dank der Verlustübernahmen mit der Erschliessung weiterfahren konnte. Die X._______ ... GmbH, welche am ... Markt als selbständige Energielieferantin auftrat, tat dies in erster Linie für sich selbst und ihre eigene Umsatzsteigerung (E. 3.2.2 hievor). Selbstverständlich lag eine Fortführung der Tätigkeit der X._______ ... GmbH im ureigensten wirtschaftlichen Interesse der Beschwerdeführerin. Die Erfüllung dieses Interesses lag vorliegendenfalls aber einzig im Gesellschafterverhältnis begründet, erschöpft sich darin und vermochte für sich noch keine mehrwertsteuerliche Leistung zu begründen (vgl. E. 3.2.2 hievor). Die Beschwerdeführerin deckte die Verluste der GmbH nicht im Austausch mit einer Leistung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts. Ein Dienstleistungsbezug aus dem Ausland, wie ihn die ESTV der Beschwerdeführerin vorhält, fand nicht statt.

Dass die Beschwerdeführerin (und die anderen Gesellschafterinnen) die Verlustdeckung über ein Darlehen eines Dritten vorfinanzierte (s. Vereinbarung zwischen der GmbH und deren Gesellschafterinnen vom 31. März 2000), ändert an diesem Ergebnis ebenso wenig wie der Umstand, dass die GmbH einen Zuschuss für "Marketingaktivitäten" in Rechnung stellte (Vernehmlassungsbeilage 5). Auf diese unrichtige Bezeichnung kann nicht abgestellt werden, nachdem erstellt ist, dass die GmbH in ... den Umsatz mit Energie als unabhängige Unternehmung erzielte (E. 3.1 und 3.2.2 hievor) und folglich der Beschwerdeführerin bezüglich dieses Umsatzes keinerlei Marketing-Dienstleistungen erbrachte.

3.4 Erfolgte im vorliegenden Fall die Verlustfinanzierung durch die Beschwerdeführerin unentgeltlich (E. 3.3 hievor), steht gleichzeitig fest, dass sie nicht in einem mehrwertsteuerlichen Leistungsaustausch, welcher ein unabdingbares Tatbestandsmerkmal für die Steuerbarkeit von Dienstleistungen darstellt (E. 2.4 und 2.5 hievor), erfolgte. Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zum Leistungsaustausch und dessen Voraussetzungen braucht vorliegend deshalb nicht näher eingegangen zu werden. Angemerkt sei an dieser Stelle lediglich, dass im Lichte der voranstehenden Erwägungen die Beschwerdeführerin teils überzeugend darlegt, es mangle an einer Leistung der X._______ ... GmbH an sie sowie an einem entsprechenden mehrwertsteuerlichen Entgelt.

3.5 Folglich ist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind weder der Beschwerdeführerin noch der ESTV Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG). Der Kostenvorschuss (Fr. 7'000.--) ist nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Entscheids zurückzuerstatten.

Die Vorinstanz hat der obsiegenden Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von antragsgemäss insgesamt Fr. 8'600.-- (inkl. Mehrwertsteuer) auszurichten (Art. 64 Abs. 1 und 2 VwVG; Art. 7 ff. des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird, und der Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 19. September 2005 aufgehoben.

2. Weder der Beschwerdeführerin noch der Vorinstanz werden Verfahrenskosten auferlegt. Der Kostenvorschuss in Höhe von Fr. 7'000.-- wird nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Entscheids an die Beschwerdeführerin zurückerstattet.

3. Der Beschwerdeführerin wird eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 8'600.-- zulasten der ESTV zugesprochen.

4. Dieses Urteil wird eröffnet:

- der Beschwerdeführerin (mit Gerichtsurkunde)

- der Vorinstanz (Ref-Nr.) (mit Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin: